Hallo zusammen!
Ich bin Antonia Heil, 26 und lebe in Rosenheim. Hier bin ich grün-politisch aktiv und habe inzwischen auch mehrere Ämter: Ich bin seit Januar 2020 Sprecherin der Grünen Jugend, die wir neu gegründet haben. Seit Sommer 2020 bin ich außerdem Sprecherin der Grünen Rosenheim-Stadt und seit Herbst bin ich Beisitzerin im Kreisvorstand Grüne Stadt und Landkreis Rosenheim. Anlässlich des Frauentages erzähle ich euch, was mich als junge Frau in die Politik gebracht hat.
Warum habe ich mich den Grünen angeschlossen?
Weil ich Wut im Bauch hatte. Ich war schon lange politisch interessiert, wäre aber als Jugendliche in Rosenheim nie auf die Idee gekommen, meine Meinung in ein politisches Raster zu stecken. Und um öffentlich meine Meinung zu sagen, war ich sowieso zu schüchtern.
Aber mit der Zeit wurde ich immer kritischer: Für mich war es nicht mehr länger okay, dass ich als Radfahrerin auf Rosenheims Straßen ständig in Gefahr schwebte. Für mich war es nicht okay, dass der Golfstrom langsamer wurde, die Pole schmolzen und wir trotzdem noch tonnenweise Plastik verbrauchten. Meine Wut baute sich langsam auf.
Als ich nach dem Abitur zum Studium nach Tübingen zog, veränderte ich deswegen zuerst meine eigene Lebensweise. Ich reduzierte meinen Konsum, wurde Mitglied bei Foodsharing (eine Organisation, die sich gegen die Verschwendung von Lebensmitteln einsetzt), und setzte mich im Zusammenleben mit meinen internationalen Mitbewohner*innen im Studierendenwohnheim zum ersten Mal aktiv mit der Rassismus-Thematik auseinander. Gleichzeitig durfte ich über einen Job bei der Presse die Arbeit des Tübinger Gemeinderates näher kennen lernen und so live miterleben, wie anders eine Stadt gestaltet werden kann, wenn Grüne mit Oberbürgermeister und Ratsmehrheit das Steuer in der Hand haben. Aus dieser Zeit habe ich sehr viele kommunalpolitische Ideen und Ansätze mitgenommen.
Der nächste Schritt für meine eigene Politisierung geschah im Jahr 2015. Damals durfte ich ein Praktikum in Brüssel im Europa-Parlament absolvieren und wurde mit sehr vielen Thematiken konfrontiert, zu denen ich Stellung beziehen sollte. Während ich gerade im Gebäude der EU-Kommission war, explodierte die Bombe eines islamistischen Attentäters in der U-Bahn-Station direkt vor der Tür. Die EU fühlte sich auf einmal nicht mehr so sicher an, wie ich geschätzt hatte. Meine Wut war inzwischen schon ziemlich groß.
Später im Jahr 2015 kam die große sogenannte „Flüchtlingswelle“. Ich war in meinen Semesterferien in Rosenheim und konnte natürlich nicht anders, ich musste helfen. Tagelang richteten wir Feldbetten in der Luitpoldhalle her, und als die ersten Busse ankamen, verteilten wir Essen und spielten mit den Kindern, damit die Eltern sich ausruhen konnten. Für mich war das eine hilflose Form der Hilfe, weil mir klar war, dass den Menschen die Ankunft hier schwer gemacht werden würde.
Das war der Zeitpunkt, in dem es bei mir innerlich zu brodeln anfing. Ich hatte das Gefühl, hilflos zu sein, und dass das alles, was ich machte, nicht reichte. Kapierte denn niemand, dass wir viel zu viel Müll produzierten, dass die EU bröckelte, dass unser Sozialstaatssystem nicht auf die Massen and Geflüchteten vorbereitet war, dass sich mit der AfD Rechtsradikale in unsere Demokratie in Deutschland einschlichen?
Irgendwann sagte ein Freund zu mir: „Antonia, du gehörst in die Politik.“ Der Gedanke war schon da gewesen in meinem Hinterkopf. Aber was sollte ich da? Für mich waren Parteien immer Gruppen älterer Leute, die irgendwie nicht zu meiner Lebensrealität passten. Außerdem, was hätte ich da tun sollen als junge Frau? Ich könnte mich ja eh nie durchsetzen.
Irgendwie kam ich dann über Freund*innen in die Fachschaft meines Instituts und verstand: Politik beginnt ganz klein. Wir debattierten über die Farbe des Institutsbriefkastens und ob wir eine Rampe für Rollstuhlfahrer*innen an der Eingangstür beantragen sollten. Und man hörte mir zu und ich konnte mich durchsetzen. Und ich lernte andere politisch interessierte und aktive junge Leute kennen. So fand ich dann auch meinen Weg zur Grünen Jugend.
Irgendwann kam das Jahr 2018 und somit die Landtagswahl in Bayern, gleichzeitig mit meinem Bachelorabschluss. Ich sah mit Schrecken, dass sich in Rosenheim eine Hochburg der bayerischen AfD mit zwei Abgeordneten bildete. Außerdem wurde das bayerische Polizeiaufgabengesetz von der CSU trotz enormer Proteste durchgesetzt. Jetzt war meine Wut am größten. Ich war wütend auf die Regierung, weil sie beim Klimawandel tatenlos blieb. Auf die Ignoranz, das schlechte Verhalten gegenüber Geflüchteten. Auf die Unfähigkeit, mit der die Politik der AfD beim Aufstieg zusah.
Weil ich zwar einen längeren Auslandsaufenthalt plante, aber langfristig wieder zurück nach Rosenheim ziehen wollte, meldete ich mich kurzerhand bei den Grünen an und unterstützte noch im Wahlkampf. Als ich dann im Dezember 2020 endgültig nach Rosenheim zurück zog, juckte es mich einfach in den Fingern, meine Ideen, meine Meinung und vor allen Dingen meine Tatkraft politisch einzusetzen.
Warum habe ich meine Ämter angenommen?
Weil ich den Kurs der Grünen und der Grünen Jugend mitbestimmen möchte. Ich möchte aktiv mitgestalten, was hier bei uns vor Ort politisch umgesetzt wird. Denn die Jugend braucht eine politische Stimme für Klimaschutz, für Feminismus und gegen Rechts.
Als junge Frau genieße ich in diesem Zusammenhang einen Sonderstatus, der sich hauptsächlich aus Bewunderung und Fürsprache zusammensetzt, aber auch Neid mit sich bringt und Gegenstimmen anzieht, die mir die Ämter nicht zutrauen oder meine mangelnde Erfahrung anprangern. Ich sehe das so: Die mangelnde Erfahrung mache ich mit Tatendrang und klaren, deutlichen Forderungen wett. Ich bin für kompromisslosen Klimaschutz, denn anders können wir unseren Planeten nicht erhalten. Ich bin deutlich gegen Rechts, weil rechte Ideologien jeder Menschlichkeit entbehren.
Und ganz klar bin ich auch Feministin, weil Menschen aller Geschlechter endlich gleichwertig behandelt werden müssen!