Unsere Haushaltsrede 2023

Wir fordern dass Klimaschutz/Klimarettung zur Chefsache erklärt wird.

Der Haushalt 2023 stellt sich solide dar. Dank einer Kompromisslösung mit den Kommunen in Bezug auf die Kreisumlage steht der Landkreis gar nicht so schlecht da.

Im herkömmlichen Sinne solide investieren wir:
in Schulen mit über 25 Mio Euro
Wir investieren in Kliniken mit über 7 Mio
Wir investieren in öffentliche Einrichtungen und Wirtschaftsförderung mit knapp 5 Mio
Wir investieren in Bau- und Wohnungswesen und Verkehr knapp 2 Mio

Schulen und Kliniken gehören zweifelslos zu den zukunftsweisenden Investitionen, sind notwendig und stehen natürlich in keiner Form zur Diskussion.

Dann aber wird der Blick kritisch:

Investitionen im Bau- und Wohnungswesen und Verkehr :
Verkehr – scheint nur aus Straßen zu bestehen. Investitionen im ÖPNV sind in diesem Einzelplan nicht vorhanden.
Und das, obwohl wir kurz davor stehen, wirklich einen Schritt vorankommen, ohne dass wir uns selbst sehr bemühen müssen. Der MVV bietet uns sein Hand an. Mit dem Beitritt zum MVV käme ENDLICH ein einheitlicher Tarif und damit eine deutlich gestiegene Attraktivität für die Nutzung des ÖPNV. Für den Beitritt sind 800.000 Euro eingestellt.
Von A nach B zu kommen klappt dann mit einem Ticket – mit einer App.
Immer dann, wenn von A nach B auch ein Bus fährt – oder halt öfter als 3 mal am Tag ein Bus fährt.
Und genau hier sind wir als Landkreis jetzt zuständig und müssen handeln.
Wir müssen Bus-Verbindungen und vor allem die Taktungen ausbauen und attraktiv gestalten.
Hierfür sind gerade mal 800.000 Euro mehr eingestellt als in 2022.

Die Rosenheimer Verkehrsgesellschaft – die mit Herrn Kirchner fachlich hervorragend „aufgerüstet“ wurde muss aber deutlich ausgeweitet werden – damit nicht nur eine abwicklungstechnische Verbesserung dank MVV – sondern auch eine Verbesserung des Angebotes im gesamten ländlichen Raum realisiert wird.

Nur so schaffen wir tatsächlich die Voraussetzung für
weniger private PkW’s –
weniger Verkehr –
mehr Platz in den Städten und Gemeinden
und letztendlich weniger CO2-Ausstoß.

Investitionen in öffentliche Einrichtungen und Wirtschaftsförderung:

Zur Erinnerung: Klimaschutz ist im Landkreis an die Wirtschaftsförderung angegliedert:
Hier finden sich Investitionen und  Ersatzinvestitionen in der Abfallwirtschaft – eine ureigenen Pflichtaufgabe der Kommune.
Klimaschutz relevante Investitionen sucht man vergeblich.

Klimaschutz MUSS als zentrale und wichtigste Aufgabe verstanden werden.
Mit Klimaschützchen wie bisher ist es nicht getan.

Es reicht nicht aus auf 3 Schuldächern PV Anlagen zu installieren. Energie vor Ort zu erzeugen wo sie gebraucht wird – auf den Dächern, wenn hier sowieso schon Hand angelegt wird – ist heute eigentlich schon fast Standard und auch gut so. Als ambitionierte Maßnahme in Sachen Klimaschutz kann man 3 PV Anlagen auf neuen Schuldächern nicht bezeichnen.

Bis heute fehlt uns eine zentrale, koordinierende Stelle auf Kreisebene

Jede Kommune steht mehr oder weniger alleine da in Sachen Klimaschutz.
Die Vernetzung der KlimamanagerInnen untereinander – soweit vorhanden – ist nicht ausreichend. Es fehlt eine direkte zentrale Anbindung ans Landratsamt um auch Synergien nutzen zu können. Nicht ausreichend ist ebenfalls die Energiezukunft Rosenheim die EZRO  – die absolut gute Projekte macht – aber auch die EZRO kann nur eines von vielen Bausteinchen hin zur Energiewende bei uns im Landkreis sein.

Konkrete Projekte müssen angestoßen und umgesetzt werden: PV-Anlagen auf kommunalen Liegenschaften und Grundstücken können nur ein Beispiel sein.
Klimaschutz ist nicht nur Energiewende: wir brauchen einen umfassenden Aktionsplan- landkreisweit – und darüber hinaus.
Wir brauchen Ideen und Lösungsvorschläge – wir brauchen Kreativität und Innovation.
Thema Biomüll: Da erleben wir eine „studien-gestützte“ schnelle ablehnende Haltung:
Enormer finanzielle Aufwand steht einem zu geringem ökologischem Mehrwert entgegen. Das mag für unseren Landkreis vorerst zutreffen – der ökologische Mehrwert ist aber vorhanden:
Dann müssen wir jetzt weiter innovativ denken:  Synergien schaffen:
– Eine Vernetzung mit der Stadt Rosenheim oder Nachbarlandkreisen.
– Es gibt neue technische Entwicklungen, die auch kleinere Mengen positiv und vor allem mit hohem Ertrag verarbeiten.
Und – es gäbe hierfür auch zweckgebundene Rücklagen bei der ZAS  – in dreistelliger Millionenhöhe. Das Geld ist da. Und ruht vor sich hin – anstatt  sinnvoll eingesetzt zu werden.

Wir sprechen von einer angespannte Haushaltslage
wir sprechen von einer schwierigen finanziellen Zukunftsprognose

Das alles entbindet auch den Landkreis Rosenheim nicht von seiner Verantwortung in Sachen Klimaschutz – und ich mag nicht mehr von Klimaschutz sprechen, denn wir sprechen von Klimarettung.
Jeden Euro den wir heute nicht in diese Rettung investieren – zahlen unsere Enkel und Urenkel doppelt und dreifach.
Und wenn jetzt argumentiert wird:  die Schulden von heute tragen auch die Menschen von Morgen.
Dann lassen sie mich feststellen:
Finanz-Schulden können in Zukunft gezahlt werden.
Klima-Schulden nicht:

Sind die Klimakippunkte überschritten – und wir rennen im ungebremsten Vollsprint auf diese Kipppunkte zu – dann ist daran nichts mehr zu ändern – das ist irreversibel.
Wenn ihnen diese Ansicht zu ‚pessimistisch‘ – zu ‚klimaaktivistisch‘ erscheint dann machen sie sich die Folgekosten der negativen Auswirklungen der Erderwärmung klar – Flutkatastrophen… Sturm- und Hagelschäden… Ernteausfälle … gesundheitliche Folgen…
Kosten die auch Gemeinden, Städte und Landkreise treffen werden.

Und es ist ja nicht so, dass die Dringlichkeit der Klimarettung nicht erkannt worden wäre:

Bayern will bis 2040 klimaneutral werden. Steckt sich ambitioniertere Ziele als der Bund.
Worauf warten wir also? Auf günstigere Haushaltslagen?
Bleiben wir realistisch. Glaubt irgendjemand hier im Raum, dass die Haushaltslage 2024 oder 2025 wesentlich günstiger aussehen wird als die 2023?
Glaubt irgendjemand – dass unsere Enkel einmal dankbar sein werden, dass unser Haushaltsplan solide – und die Verschuldung in Maßen gehalten wurde?

Wenn wir in diesem Schneckentempo in Sachen Klimaschutz weitermachen – ohne konkreten Plan, ohne Investitionen – werden wir in unserem Landkreis die notwendigen Klimaziele nicht erreichen – oder besser: Wir werden die Klimaziele krachend verfehlen.  

Alle Vorstöße der Grünen kreistagsfraktion Rosenheim der letzten Jahre wurden abgelehnt oder nicht behandelt. Resolution Klimaschutz, Fahrradfreundlicher Landkreis, Biotonne im Holsystem, ÖPNV Ticket für SeniorInnen …

Wir haben keine Zeit mehr – wir haben keine Geduld mehr.
Wir fordern dass Klimaschutz/Klimarettung zur Chefsache erklärt wird.

Der Haushalt 2023 ist ein in sich funktionierendes  – solides– Zahlenkonstrukt. Wir erkennen die Bemühungen um Schulen, Kliniken und Versorgung im Landkreis – und schätzen das auch. Es steckt viel Arbeit in diesem Zahlenwerk, vielen Dank dafür – vor allem natürlich an unserern Kämmerer Herrn Edbauer.

Ökonomisch gesehen ist es ein solider Haushaltsplan – darum haben wir auch im Kreisausschuss zugestimmt. Ökonomisch solide – Politisch nicht.
Die Schwerpunkte sind wie immer gesetzt – Änderungen in der Zielsetzung sind nicht zu erkennen.
Neben allen Krisen die uns fordern, neben allen Aufgaben die der Landkreis für uns BürgerInnen leisten muss ist da diese eine Krise die wir meistern müssen – wenn wir auch unseren Enkeln und Urenkeln eine gute Zukunft ermöglichen wollen.
Die Klimakrise. Und der begegnet dieser Haushalt in keiner Weise.
Hier ist er ambitionslos und wenig zukunftsweisend.

Wir werden in weiten Teilen der Fraktion den Haushalt 2023 aus diesen Gründen nicht mittragen können.
(Martina Thalmayr)