Der Krieg in der Ukraine stellt für alle Parteien in Deutschland eine Zäsur dar, aber die Auswirkungen für das politische Selbstverständnis sind vermutlich für Bündnis 90/Die Grünen als Partei mit starken pazifistischen Wurzeln besonders groß. Ich will das mal an einem Beispiel verdeutlichen: Jahrzehntelang war es gemeinsamer Konsens aller demokratischen Parteien, dass Deutschland aus der Erfahrung des Faschismus keine Waffen in Krisengebiete liefern solle. Diese scheinbar feste Position in der politischen Kultur unseres Landes war innerhalb von wenigen Stunden nach dem 24.2.22 Geschichte und heute redet niemand mehr davon, sondern eher darüber, wie man die Waffenlieferungen an die Ukraine noch steigern und verbessern kann.
An dem Abend ging es dann um fünf Problemkreise, die natürlich alle irgendwie zusammenhängen:
Erstens die Frage der Aufrüstung: Die Ankündigung der Verstärkung der Bundeswehr mit 100 Mrd. Euro und des Anhebens der Rüstungsausgaben auf 2% des Bruttosozialproduktes beantwortet nicht die Frage, warum mit den bisherigen 59 Mrd. Rüstungsausgaben so wenig erreicht wurde und wo das Geld versickerte.
Die zweite Frage griff die aktuelle Debatte auf, wie man die Bürger*innen und auch Unternehmen gegen die Preissteigerungen für Energie unterstützen könne, ohne gegen die Ziele der Energiewende zu handeln.
Als Drittes diskutierten wir die Frage, ob es sinnvoll ist, von uns aus die Öl-. Kohle- und Gaslieferungen aus Russland zu stoppen, um dem Staat nicht noch mehr Geld in die „Kriegskasse“ zu geben. Die Sinnhaftigkeit dieser Forderung wurde diskutiert und welche Konsequenzen das für unsere Wirtschaft, unsere Bürger*innen und für die Konjunktur haben würde.
Das vierte Thema war die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine, wie man die Gemeinden vor Ort unterstützen kann und welche praktische Hilfe vordringlich ist.
Der letzte Punkt wird uns noch längere Zeit beschäftigen: Der Krieg in der Ukraine verschiebt die Gewichte in der Politik mehr in Richtung von Sicherheit, und die Frage ist, ob die finanziellen und (bei totalen Sanktionen) die technischen Ressourcen noch ausreichen, um die Energiewende zu stemmen. Dieser Krieg unterstreicht zwar die Notwendigkeit, aus den fossilen Energiequellen auszusteigen, aber da wir das Nicht-Handeln der ehemaligen Regierungen in dieser Frage ausbaden müssen, stehen wir vor dem Dilemma, zu viele Herausforderungen gleichzeitig bewältigen zu müssen.
Die Diskussion war ausgesprochen spannend und kontrovers, und es ist uns klar, dass wir diese Themen noch häufiger werden behandeln müssen.
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